"Luther und das Wort"

Startseite » Reflexionen » Schneider: „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“

Schneider: „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“

Am 2. Juli wurde anlässlich des 10. Bachkantaten- Jahres der Universität Koblenz die Bachkantate zum Lutherchoral „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“ in der Florinskirche aufgeführt. Herr Prof. Dr. Thomas Martin Schneider hielt die Ansprache für den Hochschulgottesdienst. Die musikalische Leitung der Universitätsmusik übernahm Christian Jeub.

Die Kirche war sehr gut besucht und die gesamte Stimmung des Gottesdienstes wirkte sehr positiv, was deutlich für den Erfolg dieses Gottesdienst- Konzeptes spricht. Nach der Begrüßung sangen alle gemeinsam das Lied „ Gott wohnt in einem Lichte“. Es wurde der Psalm 119, 97-112 und ein Gebet gesprochen. Nach dem Gloria und einer biblischen Lesung aus dem Johannes- Evangelium hielt Herr Prof. Dr. Schneider eine Ansprache, in der er zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Kirchenlied „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“ anregte. Es folgte die gelungene Aufführung der Bachkantate des Universitätsorchesters (der Text dazu findet sich unten). Im Anschluss wurden Fürbitten gelesen, ein Vater Unser gesprochen und abschließend noch einmal gemeinsam das Lied „nun danket allen Gott“ gesungen.

Gedichtet und vertont wurde das Lied um 1540 von Martin Luther, welches Johannes Sebastian Bach 1725 mit den Originaltexten der ersten und dritten Strophe Luthers und Texten eines weiteren Autoren musikalisch zu einer Chorkantate verarbeitet hat. Der Inhalt des Textes galt schon zu Luthers Zeiten als anstößig und erfuhr im Laufe der Jahre viele Umdichtungen. Der Text Luthers wurde und wird als scharfe antikatholische und antiislamische Polemik empfunden. Die besonders provokative zweite Zeile „und steur des Papsts und Türcken Mord“ wurde am wohl häufigsten umgeschrieben.

Wenn man sich nun mit den historischen Hintergründen des Liedes befasst, lässt sich heute schnell feststellen, dass man hier nicht von einer „politischen Korrektheit“ sprechen kann. Obwohl Luther sich später besonnen äußerte: „Laß den Türken glauben und leben wie er will, ebenso wie man das Papsttum und andere falsche Christen leben läßt.“, kann man eine antipäpstliche und antitürkische Haltung kaum bestreiten. Doch heißt dies weiter gedacht, dass Luther tatsächlich eine Anti-Islamische Grundeinstellung vertrat?

Aus heutiger theologischer Sicht muss man sich mehr denn je die Frage stellen, wie man mit anderen Religionen umgeht und ob es einen „richtigen“ Umgang mit diesen überhaupt gibt.

 

Johann Sebastian Bach, BWV 126, Kantate für den Sonntag Sexagesimae

 

1. Choral

Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort,

Und „steur´ „deiner Feinde“* Mord,

Die Jesum Christum, deinen Sohn,

Stürzen wollen von seinem Thron.

 

2. Arie

Sende deine Macht von oben,

Herr der Herren, starker Gott!

Deine Kirche zu erfreuen

Und der Feinde bittern Spott

Augenblicklich zu zerstreuen.

 

3. Rezitativ und Choral, Alt, Tenor

Der Menschen Gunst und Macht

Wird wenig nützen,

Wenn du nicht willst das arme

Häuflein schützen,

beide: Gott, Heiliger Geist, du Tröster wert,

Du weißt, daß die verfolgte Gottesstadt

Den ärgsten Feind nur in sich selber hat

Durch die Gefährlichkeit der falschen Brüder.

Beide: Gib dein´m Volk einerlei Sinn auf Erd,

Daß wir, an Christi Leibe Glieder,

Im Glauben eins, in Leben einig sei´n.

Beide: Steh bei uns in der letzten Not!

Es bricht alsdann der letzte Feind herein

Und will den Trost von unsern Herzen trennen;

Doch laß dich da als unsern Helfer kennen.

Beide: G´leit uns in Leben aus dem Tod!

 

4. Arie, Bass

Stürze zu Boden, schwülstige Stolze!

Mache zunichte, was sie erdacht!

Laß sie den Abgrund plötzlich verschlingen,

Wehre dem Toben feindlicher Macht,

Laß ihr Verlangen nimmer gelingen!

 

5. Rezitativ, Tenor

So wird dein Wort und Wahrheit offenbar

Und stellet sich im höchsten Glanze dar,

Daß du vor deine Kirche wachst,

Daß du des heilgen Worte Lehren

Zum Segen furchtbar machst;

Und willst du dich als Helfer zu uns kehren,

So wird uns denn in Frieden

Des Segens Überfluß beschieden.

 

6. Choral

Verleih uns Frieden gnädiglich,

Herr Gott, zu unsern Zeiten;

Es ist doch ja kein andrer nicht,

Der für uns könnte streiten,

Denn du, unsr Gott, alleine.

Gib unsern Fürsten und all´r Obrigkeit

Fried und gut regiment,

Daß wir unter ihnen

Ein geruhig und stilles Leben führen mögen

In aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.

Amen.

 

Text 1 und 3 Martin Luther 1524, Zusatzstrophe Justus Jonas/ „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“; Umdichtung eines unbekannten Verfassers Sätze 2,4,5/ *Variante nach evangelischem Gesangsbuch/ „Verleih und Frieden gnädiglich,“ Martin Luther 1529, Gib unsern Fürsten und all´r Obrigkeit,“ Johann Walter

 

Lena Bitter